UMF-Perspektive

Integrativer Deutschunterricht

Neueinreisende UMF erhalten seit März 2012 direkten Zugang zu einem ganzjährigen, offenen Anfängerkurs (A1-Niveau mit Alphabetisierungselementen) bei unserem Kooperationspartner, dem Institut für Sprachen (IFS) in Kassel. Bis Ende 2013 wurden die UMF nach Erwerb der entsprechenden Vorkenntnisse direkt den jeweiligen Regelkursen am Institut zugeteilt. Nach Einführung eines neuen Kurskonzepts für die UMF ( >Probeschule) wurde das Kurssystem entsprechend angepasst: Seit Januar 2014 besteht am Institut ein zweiter UMF-Kurs, der auf einem Sprachniveau von A2 ausgelegt ist. Die UMF lernen nun auf den Niveaustufen A1 und A2 nach dem Konzept der Probeschule und gehen erst ab Stufe B1 in die regulären Sprachkurse über.

Ziel ist es, jedem UMF im Rahmen des Projekts 600 Unterrichtseinheiten Deutschunterricht zu ermöglichen und so die Chance zu geben die Niveaustufe B1 (Zertifikat Deutsch) zu absolvieren.  Mit diesem Sprachniveau und den Erfahrungen aus der Probeschule soll ein möglichst optimaler Einstieg in die Regelschule erreicht werden. Der Unterricht folgt hierbei dem Prinzip des integrativen Sprachunterrichts.

Unser Konzept des schulvorbereitenden, integrativen Deutschunterrichts:

Da die UMF im Hinblick auf ihr Alter, Herkunftsland, ihre Muttersprache, Lernvoraussetzungen, Motivation, Interessen und ihr Leistungsvermögen eine große Heterogenität aufweisen, wurde binnendifferenzierter, integrativer Unterricht das erste Grundkonzept der UMF-Kurse am Institut für Sprachen. „Binnendifferenziert“ bedeutet, den einzelnen Personen in stark heterogenen Klassen durch individuelle Lernangebote im Unterricht gerecht zu werden. Da dies vom Lehrer ein erhebliches Maß an Vorbereitung sowie Aufmerksamkeit während des Unterrichts erfordert, wird die Methode bei Bedarf durch Teamteaching oder die Einbindung von Hilfspersonen (DaZ-Praktikantinnen) ergänzt. „Integrativ“ bedeutet, dass neben dem sprachlichen Aspekt auch die kognitiven Fähigkeiten und die sozial-emotionalen Kompetenzen ausgebaut bzw. trainiert werden. Dadurch erhöht sich das Bewusstsein der Ich-, Sach- und Sozialkompetenz. Dies ist bei der speziellen Zielgruppe der UMF ein besonders wichtiges Thema, denn ihr geringes Alter, die oft traumatischen Erlebnisse im Heimatland oder auf dem Fluchtweg und die schwierigen, äußeren Rahmenbedingungen in Deutschland (fremdes Umfeld, fremde Sprache und Kultur, Fehlen der Familie und Freunde etc.) stellen eine große Herausforderung dar. Diese Faktoren haben verständlicherweise eine beträchtliche Auswirkung auf das Verhalten der Teilnehmer generell sowie im Sprachkurs im Speziellen, etwa Auffälligkeiten wie Aufmerksamkeit erregendes Benehmen bzw. diesbezügliche Defizite, Verdrängungen, Demotivation, Desinteresse etc.. Der integrative Ansatz im Sprachkurs versucht genau hier anzusetzen.

Neben dem Deutschunterricht findet seit Januar 2014 im Rahmen des Konzepts „Probeschule“ auch Fachunterricht statt. Dieser Fachunterricht hat neben der Vermittlung von fachlichem Lernstoff deutscher Schulen vor allem das Ziel, die UMF mit dem deutschen Unterrichtssystem an sich vertraut machen und Schlüsselkompetenzen wie Teamarbeit, Selbstorganisation, Zeitmanagement und Präsentationstechniken zu fördern. Da die Unterrichtssprache natürlich in jedem Fach Deutsch ist, dient auch der Fachunterricht letztlich dem Ansatz des integrativen Deutschunterrichts. (mehr zur Probeschule > hier)

Da der UMF-Kurs für Anfänger (A1-Niveau) ganzjährig offen ist, können Schüler hier so lange verbleiben wie für sie sinnvoll. Dieses offene Kurskonzept erweist sich insbesondere sinnvoll für UMF, die aufgrund ihrer psychosozialen Situation (etwa stark lernbehindernde Traumatisierung) oder geringen schulischen Erfahrungen (im Extremfall primärer Analphabetismus) zu sogenannten Langsamlernern gezählt werden oder aufgrund ihres Verhaltens keinen Regelkurs besuchen können. Erste Kompetenzen, die für diese Teilgruppe der UMF vermittelt werden, sind es mit Bildkarten zu arbeiten, einen Stift richtig zu halten, ein Heft strukturiert zu führen, mit dem Wörterbuch umzugehen und ähnliches. Erst wenn diese Kompetenzen erworben sind, kann der eigentliche Spracherwerb erfolgreich verlaufen.

Nach Abschluss der Niveaustufe A2 werden die UMF in die regulären, weiterführenden Sprachkurse am Institut integriert. Hier ist Projektarbeit ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts. Die Schüler lernen eigenständig kleine Projekte durchzuführen, Sprache praktisch anzuwenden, dabei im Team zu arbeiten und ihre Ergebnisse anschließend zu präsentieren. Das sind eben jene wichtigen Schlüsselkompetenzen für den Schulalltag, die zuvor schon in der „Probeschule“ geschult wurden und nun weiter trainiert werden können.

Als wesentlich für eine erfolgreiche Sprachförderung der UMF hat sich auch der Kontakt zwischen Sprachlehrern und den zuständigen Betreuungspersonen in den UMF-Einrichtungen erwiesen. Bei dem regelmäßigen (teils täglichen) Austausch geht es um die sprachlichen Fortschritte der Teilnehmer, ihre Motivation, ihr Verhalten im Unterricht, gegebenenfalls das Fehlen bzw. Zuspätkommen, aber auch generelle Entwicklungstendenzen. Hierzu, aber auch für die projektinterne Dokumentation, wird von den IFS-Lehrern täglich ein Beobachtungsbogen für Kurse mit UMF ausgefüllt (zu Lerninhalten, Lernprogression, Kommentar zu Hausaufgaben, Lern- und Sozialverhalten, sonstige Bemerkungen). Zum Abschluss bzw. Weiterführen jedes Kurses wird ein Empfehlungsschreiben von der Lehrperson für den jeweiligen UMF verfasst, an welchem sich die betreuenden Einrichtungen für weitere Fördermaßnahmen und die Einschulung orientieren können.

Nach oben