UMF-Perspektive

Über UMF

Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind Kinder und Jugendliche im Alter von 0-17 Jahren, die ohne Begleitung von Eltern oder anderen Angehörigen nach Deutschland kommen, da sie vor Kriegshandlungen, Menschenrechtsverletzungen oder wirtschaftlicher Not fliehen und Schutz bzw. bessere Lebensumstände suchen. Manche haben aufgrund von Kriegen ihre Angehörigen verloren, andere werden auf der Flucht von ihren Eltern getrennt, wieder andere werden von ihren Familien nach Europa geschickt.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge haben internationalen Konventionen und europäischen wie nationalen Regelungen zufolge Anspruch auf besonderen Schutz. In der Europäischen Union ist festgelegt, dass die Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlinge unter keinen Umständen in Gewahrsam genommen werden dürfen, einen Rechtsbeistand bzw. einen Sorgeberechtigten erhalten müssen, Zugang zum Bildungssystem (Beschulung und Sprachkurse) bekommen, in geeigneten Unterkünften untergebracht werden und geeignete Behandlungsmöglichkeiten bei physischen und psychischen Erkrankungen erhalten müssen. Als Personengruppe mit besonderen Bedürfnissen müssen die Mitgliedstaaten ihnen „einen der körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung des Kindes angemessenen Lebensstandard gewährleisten.“ (KOM(2008) 815 – Aufnahmerichtlinie). Zu beachten ist, dass es sich um eine EU-Richtlinie und nicht um eine bindende rechtliche Regelung für die Mitgliedstaaten der EU handelt.

In Deutschland etwa stehen UMF im Spannungsfeld zwischen Kinder- und Jugendhilferecht auf der einen und Aufenthalts- und Asylrecht auf der anderen Seite. Aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern ist die Inobhutnahme für Minderjährige, die unbegleitet nach Deutschland einreisen, seit dem Jahr 2005 jedoch zwingend vorgesehen (SGB VIII §§ 42, 86, 87). Erst wenn diese sichergestellt ist, wird ihr ausländer- und asylrechtlicher Status geklärt.

Bundesweit ist ein kontinuierlicher Anstieg der Inobhutnahmen von UMF zu verzeichnen. Laut Auskunft des Bundesverbandes Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. (B-UMF e.V.) wurden im Jahr 2009 bundesweit 2.850 UMF in Deutschland von Jugendämtern versorgt, 2012 bereits wesentlich mehr, nämlich 4.316 UMF.
Diese Zahlen spiegeln die tatsächliche Situation allerdings nicht wieder, da weder die Landesjugendämter noch die Ausländerbehörden diese Daten zentral erfassen. Der B-UMF e.V. geht davon aus, dass eine erhebliche Dunkelziffer von Jugendlichen existiert, die außerhalb der UMF-Anlaufstellen durch Jugendämter versorgt werden, die ohne Erfassung abgeschoben oder abgewiesen werden, die eine Altersfestsetzung als volljährig bescheinigt bekommen oder die sich illegal im Bundesgebiet aufhalten.

Von den erfassten, in Obhut genommen UMF, die einen Asylantrag stellen, erhält ungefähr ein Drittel einen Aufenthaltstitel, der langfristig angelegt ist. Ca. zwei Drittel verbleiben über Jahre im Asylverfahren oder müssen mit einer Duldung leben. Im Durchschnitt dauert ein Asylverfahren 2 Jahre. Dies macht für UMF eine sinnvolle, nachhaltige und effektive Lebensplanung – besonders in Schulbildung und Ausbildung – schwierig.

Besondere Brisanz gewinnt diese Situation durch die Tatsache, dass der Aufenthalt von UMF in Deutschland de jure zwar meist auf kurze Verweildauer fixiert, de facto allerdings nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt ist. Die genauen Zahlen der Rückführungsquoten bei UMF bzw. ehemaligen UMF sind nicht bekannt; die faktische Abschiebungsquote ist aber als sehr gering einzuschätzen. Die UMF bleiben in der überwiegenden Mehrzahl (geschätzt wird > 90%) dauerhaft in Deutschland. Daher kommt einer rechtzeitigen, zielgruppengerechten Integration durch einen angemessenen Zugang zu Sprachkenntnissen, Bildung und Ausbildung eine herausragende Stellung zu.

Zur Situation von UMF in Hessen lesen Sie bitte hier > Situationsanalyse Hessen.

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